PROLOG.
»Dad?«
Elijah hörte die Schritte seines Sohnes eilig über den Holzboden des Flurs näherkommen.
»Daad?!« Nun rief Daan dringlicher nach ihm.
Die Augen verdrehend sah er von den Akten auf, die er angestarrt hatte, und wartete einen
Moment. Sein Sohn lief am Arbeitszimmer, in dem Elijah saß, vorbei und rief nun draußen nach ihm.
Es würde nicht lange dauern, bis er feststellte, dass er nicht im Garten oder vor dem Haus war.
»Elijah Kuijers!« Mit in die Seiten gestemmten Händen tauchte seine Frau Mieke in der sich nun
öffnenden Tür auf. »Dein Sohn sucht dich«, erklärte sie mit einem Unterton, der deutlich machte,
dass es wohl an der Zeit war, sich um Daan zu kümmern und die Akten für heute zu schließen. »Was
machst du überhaupt hier?« Sie trat in den Raum und musterte abschätzend die Papierberge, die sich
auf seinem Schreibtisch türmten. »Ich hoffe, die packst du selbst ein«, forderte sie mit eindeutigem
Unterton. Es gefiel ihr nicht, dass er hier saß und dass der Dokumentenhaufen noch im Büro und
nicht in einer Umzugskiste lag.
»Personalakten lesen«, erklärte er, womit er in den letzten Tagen beschäftigt war. »Und ja, mache
ich. Morgen.«
»Du hast noch fünf Urlaubstage. Und es ist noch jede Menge in die Kartons zu packen.
Übermorgen kommt das Umzugsunternehmen. Pack die Akten weg und hilf mir endlich, alles
vorzubereiten.«
Wieder konnte er ihren Unmut hören.
»Ja.« Bestätigend und bemüht ruhig zu bleiben nickte er. »Und ich helfe dir jetzt und morgen und
übermorgen sogar beim Einladen. Ich wollte nur noch einen Blick auf die Akten werfen.«
»Wenn du den Verteidigungsminister nicht derart beleidigt hättest …«
»Hör auf.« Er gab der Frau mit den feuerroten Haaren, in die er sich vor fast zehn Jahren verliebt
hatte, mit einer Geste zu verstehen, dass sie schweigen sollte.
»Nein, es ist deine Schuld. Ich habe immer gedacht, ich habe einen Mann mit Verstand geheiratet.«
»Und ich habe geglaubt …« Er stand auf. »… dass meine Frau auf meiner Seite ist und mir nicht
in den Rücken fällt.« Wütend funkelte er sie an.
»Ach, die Nummer wieder. Tu doch nicht so. Wenn du ihn nicht so angegangen wärst, wärst du
noch in deinem Team. Dann müsste ich hier nicht alles einpacken und in die komische Hütte in San
Diego ziehen. Aber nein, mein Mann hat nichts Besseres zu tun als den Verteidigungsminister als
unfähigen Idioten zu betiteln, wo er gerade soooo …« Mieke hielt Daumen und Zeigefinger vor ihr
Gesicht und deutete einen Abstand von ein paar Millimetern an. »… soooo kurz vor einer
Beförderung war.« Ihre grünblauen Augen blitzten zornig auf.
»Pass mal auf …« Er stützte sich auf seinem Schreibtisch ab und beugte sich nach vorne. Er war
diese Diskussion leid. »Er ist ein unfähiger Idiot, sonst wären nicht so viele gestorben. Und damit du
es endlich begreifst: Ich wurde befördert«, schnauzte er sie an.
»Du wurdest strafversetzt. Nach San Diego, Elijah, San Diego.« Der Ärger über diesen Zustand
war nicht zu überhören.
»In ein Eliteteam Mieke, Elite. Weißt du, was das ist?«, knurrte er sie an und wollte noch etwas
hinzufügen, tat es aber nicht, weil sein Sohn hinter ihr auftauchte. Daan sollte ihren Streit nicht
mitbekommen. Zumindest sollte er nicht sehen, wie sie sich immer weiter anfuhren.
»Dad, wir müssen das Trampolin noch abbauen«, forderte Daan von ihm.
»Wenn wir überhaupt Platz für das Ding haben«, raunte seine Frau ihm zu, als er durchatmend an
ihr vorbeigehen wollte.
»Haben wir.« Ebenso leise wie sie gerade gesprochen hatte, antwortete er ihr. »Ich komme. Du
kannst schon mal den Koffer mit den Schraubenschlüsseln aus der Garage holen.« Er sah an ihr
vorbei zu seinem Sohn, der freudestrahlend wieder verschwand. »Ich wünschte mir, du würdest der
Sache auch ein wenig Begeisterung entgegenbringen.« Ohne auf ihre Antwort zu warten ging er an ihr
vorbei durch den Flur bis in den Garten.
Draußen angekommen atmete er tief durch. Miekes schlechte Laune ging ihm seit Wochen auf die
Nerven. Und nun, wo er endlich einen Job in Aussicht hatte, der mehr Gehalt und mehr
Verantwortung versprach und genau das war, was er sich vorgestellt hatte, tobte sie. Über Jahre hatte
er davon geträumt, befördert zu werden, und immer wieder war er gescheitert, weil er den wichtigen
Leuten gegenüber die falschen Worte verwendet hatte. Sie wollte Little Creek nicht verlassen, schon
gar nicht wollte sie nach San Diego. Sie hatte keine Lust auf ein Haus mit ständig verdorrtem Garten,
wie sie sagte. Er war sich sicher, dass ihre Abneigung nur einen Grund hatte: Sie würde ihre
Freundinnen zurücklassen müssen und konnte sie nicht mehr spontan treffen. Schließlich lag sein
neuer Arbeitsplatz am anderen Ende des Kontinents. Durchatmend beobachtete er Daan, der mit
seiner roten, wallenden Haarpracht aus der Garage kam. Von wem er seine Locken hatte, wusste
Elijah nicht, wohl aber die Haarfarbe. Mieke hatte sie, genau wie das manchmal überschäumende
Temperament, an ihren gemeinsamen Sohn weitergegeben. Im Gegensatz zu ihr freute Daan sich
jedoch auf den Umzug. Seine einzige Sorge hatte Elijah ihm schon früh nehmen können. Daan wollte
ein Meer vor der Tür. Hier war es der Atlantik, den sie innerhalb weniger Fahrminuten erreichen
konnten, in San Diego würde es der Pazifik sein, der wahrscheinlich deutlich kälter war. Da Daan
aber noch nie im Ozean geschwommen war und es einfach nur genoss, den Wellen zuzusehen, würde
dem Fünfjährigen dieser Unterschied nicht wirklich auffallen. Durchatmend ging Elijah zu seinem
Sohn, griff ihn und zog ihn auf seine Schultern. »Du musst die Dinger da oben runtermachen, dann
können wir das Netz einpacken und anschließend den Rest«, erklärte er Daan, was zu tun war, als der
freudekreischend auf ihm thronte.
Einige Stunden später schlich er sich wieder in sein Arbeitszimmer, während Mieke ihren Sohn ins
Bett brachte. Sie hatten das Trampolin abgebaut, und die restlichen Spielsachen von Daan, die in
Garten und Garage verstreut gewesen waren, eingesammelt und in Kisten verpackt. Im Garten
erinnerte nun nur noch der Sandkasten daran, dass hier eine Familie mit Kind gewohnt hatte.
Während er mit seinem Sohn draußen aufgeräumt hatte, hatte seine Frau das Geschirr eingepackt. Es
war ihr erster gemeinsamer Umzug. Als sie sich kennengelernt hatten, war Mieke achtzehn und
vollkommen betrunken gewesen und er mit zwanzig der Retter in einem verrosteten Camaro, der bei
der Rettung nicht mehr anspringen wollte. So war es gekommen, dass er über zwei Stunden mit ihr in
seinem Wagen an dem Club gesessen hatte. Er hatte sich Hals über Kopf in die immer sprechende
Mieke verliebt, die, wie er, Kind niederländischer Auswanderer war. Zu dem Zeitpunkt hatte er den
Plan gefasst, sich den SEALs anzuschließen. Mieke hatte nie ein Problem mit seinem Berufswunsch
gehabt und ihn von Beginn ihrer Beziehung an unterstützt. Der Weg zum SEAL war hart gewesen,
die Einsätze bisher ebenfalls, und doch liebte er es. Dass er mit Clarkson aneinandergeraten war, war
wohl eine glückliche Fügung, auch wenn Mieke es anders sah, denn sonst wäre er nicht befördert
worden. In San Diego würde er den Minister wahrscheinlich nicht so häufig sehen, was er ebenfalls
positiv wertete. Hier war er einfach zu oft aufgetaucht, um seine Eliteeinheiten bei den Trainings zu
beobachten. Und er war gefühlt bei jeder Einsatzbesprechung anwesend gewesen. Das konnte
Clarkson unmöglich in San Diego leisten. So konnte man ihn bei den Einsatzbesprechungen auf
stumm schalten oder behaupten, die Verbindung wäre schlecht. Grinsend ließ er sich auf seinem
Schreibtischstuhl nieder und griff nach einer der Akten. Er hatte sie sich bringen lassen, da er wissen
wollte, mit wem er es in San Diego zu tun bekommen würde.
Wesley Stone. Petty Officer Second Class. Elijah zog die Stirn kraus. Stone war der dritte in dem
Team, welches er künftig leiten sollte, mit einer Liste an Vorstrafen und Vermerken, mit der man mit
Leichtigkeit ein ganzes Zimmer hätte tapezieren können.
»Wie können die da im Team sein?« Murmelnd griff er nach der nächsten Akte. Yvonne Navajo,
geborene Banz. »Eine Deutsche.« Er seufzte. Auch wenn er es nur ungern zugab, gehörte er zu
denen, die sich nicht damit zurechtfinden konnten, dass auch Frauen in den Eliteeinheiten dienten.
Es wurde nicht wirklich besser. Er legte den Ordner zurück und zog eine Akte von dem zweiten
Stapel. Allerdings hatte er auch in diesem Berg an Unterlagen bisher nur Sonderfälle vorgefunden und
das Schlimmste daran war, dass diese Sonderfälle sein Team werden sollten.
»Du sitzt da ja schon wieder.« Mieke tauchte in der Tür auf und hatte wieder den erbosten Blick
vom Nachmittag im Gesicht.
»Ja, weil ich wissen will, mit wem ich es zu tun bekomme«, erklärte er, die blaue Pappmappe von
Werner Snyder in der Hand haltend. Am Vormittag hatte er die Akte von Nathan Harrison gelesen
und begonnen, sich das erste Mal ernsthaft Sorgen zu machen. Jemanden mit solchen Vorbelastungen
im Team zu haben, könnte Probleme bringen. Er war sich sicher, dass Nathan Harrison nur im Team
war, weil Sean Harrison sein Bruder war. Insgeheim hatte er sich bereits überlegt, wie er Nathan
Harrison loswerden könnte.
»Und was genau ändert das? Packt sich der Kram hier dann schneller? Oder kannst du dann da
hinten schneller frei machen?« In ihren Augen funkelte es wieder auf.
Seufzend erhob er sich. »Sweetheart. Ich packe das hier gleich ein, versprochen. Und ich helf dir
dann auch noch. Ich möchte einfach nur wissen, wer die Typen sind, bei denen ich das Kommando
übernehmen soll, damit ich ansatzweise weiß, welche Charaktere da auf mich zu kommen.« Er legte
seine Hände an ihr Gesicht und strich über ihre weichen Wangen. Nur schwer konnte er sich daran
hindern, sie zu küssen.
»Mir ist das gerade alles zu viel«, gestand Mieke. Er konnte förmlich spüren, wie die gewaltige
Anspannung, unter der sie stand, von ihr abfiel. »Es ist so viel zu tun.« Sie mied seinen Blick.
»Dann packen wir es jetzt an.« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und genoss es, dass sie sich an
ihn lehnte und für einen Moment der Stress der letzten Stunden vergessen war. Sie hatten noch den
gesamten morgigen Tag, um zu packen, dann würden zwei LKW kommen, die sein Arbeitgeber
organisiert hatte, und alles nach San Diego bringen. Er würde mit seinem neuen Camaro fahren,
Mieke und Daan würden den Ford Ranger nehmen. Sie hatten eine Übernachtung in Oklahoma
eingeplant, da die Strecke sonst zu lang werden würde. Dann blieb ihm ein Tag, um seiner Frau bei
den gröbsten Einrichtungsarbeiten zu helfen, ehe er in der Base auftauchen und das Kommando im
Alpha-Team der I.A.T.F übernehmen musste.
1.
Syrell sah auf, als sich die Bürotür öffnete, auch Ryan hob kurz seinen Blick. Aber es war nur
Yvonne, die den Raum betrat und ihnen Kaffee an die Plätze stellte.
»Wenn ich noch mehr von dem Zeug trinken muss, bis der hier auftaucht …« Ryan atmete
genervt aus. Der, der auftauchen sollte, war Captain Elijah Kuijers. Syrell hatte bisher nur ein Bild
von dem SEAL aus Little Creek gesehen, der Seans Platz übernehmen würde. Sean Harrison würde
nach seiner schweren Verletzung aus dem vergangenen Einsatz nicht auf die Position des Captains
zurückkehren. Was genau der Mann machen wollte, den sie alle nicht nur als Vorgesetzten schätzten,
sondern auch als Freund, hatte bisher niemand von ihnen in Erfahrung bringen können.
Wahrscheinlich wusste er es selbst noch nicht genau. Wenn ihre Verbindung zum
Verteidigungsminister etwas besser wäre, hätte man diesen sicher um Unterstützung bitten können,
allerdings war das Verhält-nis so schlecht wie noch zu keinem seiner Vorgänger. Die herrschenden
Spannungen könnten jederzeit für eine Auflösung des Teams sorgen.
»Deine Laune könntest du auch mal nach oben schrauben.« Yvonne, die als Syrells Ehefrau und
Mutter ihrer gemeinsamen Tochter seit kurzem wieder im aktiven Dienst war, warf Ryan einen Blick
zu, der mehr von einer Mutter stammte als von einer Soldatin einer Eliteeinheit.
»Genau.« Syrell nickte. »Ich muss mich mit dem abgeben, nicht du. Du bist da fein raus.«
Ryan befehligte das Bravo-Team der International-Anti-Terror-Force wohingegen Syrell noch
wenige Minuten das Kommando über das Alpha-Team haben würde, ehe er dieses an den neuen
Captain abgeben sollte. Er hatte Sean zugesagt, Kuijers in der ersten Zeit zur Seite zu stehen, damit
dieser sich einarbeiten konnte. Sean selbst würde unter Umständen in einigen Tagen kurz
vorbeikommen. Bisher hatte sich ihr ehemaliger Captain nur selten sehen lassen. Sie alle hatten ihm
ansehen können, dass er nicht glücklich mit der Entscheidung war, die er persönlich getroffen hatte.
Allen war jedoch bewusst, dass er sehr lange brauchen würde, um wieder in einen Einsatz gehen zu
können. Zudem hatte er selbst gesagt, dass er das nicht mehr wollte und seine Schutzengel oft genug
herausgefordert hatte.
Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal.
»Immer noch nicht?« Nathan Harrison sah sie verwundert an.
»Wie du siehst, nein«, erklärte Syrell sitzend.
»Ist auch keine gute Werbung für ihn.«
»Was ist keine gute Werbung für mich?«
Syrell erhob sich, als er die Stimme vernahm, die zu einem blonden Mann von seiner Größe in
dunkelblauer, akkurat sitzender Uniform gehörte, der mit gestrafften Schultern in der Tür hinter
Nathan auftauchte. Ryan stand von seinem Platz auf und Yvonne wandte sich dem Mann mit den
stahlblauen Augen zu, der nun, wo sie salutierten, von einem zum anderen sah und den Gruß erst
erwiderte, als auch Nathan Haltung angenommen hatte.
»Captain Kuijers.« Syrell trat um den Schreibtisch und reichte dem Mann die Hand. »Willkommen
bei der International-Anti-Terror-Force.«
»Petty Officer Navajo.« Kuijers nickte ihm knapp zu, sah dann zu Ryan. »Captain DeSanto.« Er
ging zu Ryan und begrüßte ihn über seinen Arbeitsplatz hinweg mit einem Handschlag. Schließlich
musterte er kurz Yvonne. »Einen Rang in der Navy haben Sie trotz Ihrer nun doch langen
Teamzugehörigkeit nicht, oder Mrs. Navajo?«
Syrell sah im Augenwinkel, wie Nathan die Augen abschätzend zu Schlitzen zusammenkniff.
»Nein, Sir, das Vergnügen hatte ich bisher nicht.« Yvonne schenkte dem neuen Captain bei ihren
Worten ein knappes Lächeln.
»Sollte man ändern«, erklärte Kuijers mit Blick zu Ryan.
Nathan stieß einen amüsierten Laut aus, auf den hin Kuijers sich Nathan zuwandte.
»Harrison, dass ich Sie nicht mit Rang ansprechen muss, haben Sie sich ja selbst zuzuschreiben.«
Syrell biss sich bei Kuijers Bemerkung kurz auf die Unterlippe. Dass ihr neuer Captain darauf
anspielte, dass Nathan, aufgrund seines Fehlverhaltens, schon seit langem keinen Titel der Navy mehr
trug, war nicht der beste Einstand.
»Ich muss sagen, ich habe viele Fragen.« Kuijers richtete seine Konzentration wieder auf Syrell.
»Deswegen bin ich hier, Sir. Captain Harrison ist leider aus gesundheitlichen Gründen verhindert.«
Syrell bemühte sich, bei seiner Wortwahl nicht zu hochtrabend zu klingen. Der Mann vor ihm hatte
sich gut über sie informiert und er war sich bewusst, dass die kommenden Tage konfliktreich werden
könnten.
»Dann sollten wir an die Arbeit gehen.« Kuijers sah sich nochmals um. »Ich würde gerne Tarrasow
dabeihaben, um direkt auf dem Stand der Dinge zu sein, was Trainingspläne und Missionen angeht.«
»Yvonne, würdest du ihm Bescheid geben?« Syrell sah kurz an dem Mann vor sich vorbei und
bemerkte ihr knappes Nicken. »Captain Kuijers, kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Schwarz bitte.« Kuijers tat etwas, von dem Syrell jedem anderen abgeraten hätte: Er sah zu
Nathan und forderte ihn so indirekt auf, Kaffee zu holen. Ryan verzog eine Sekunde das Gesicht.
Auch Ryan hatte in den ersten Tagen seine Erfahrungen machen müssen. Diese hatten sich dann aber
meist auf Sean begrenzt, der mehr als nur ein wenig unangenehm werden konnte.
»Ach, ich darf Kaffee holen.« Nathan lachte amüsiert auf. »Wissen Sie, da ich keinen Rang habe,
muss ich mal so gar nichts. Die Kaffeemaschine steht in der Küche, derjenige, der den letzten Kaffee
nimmt, kocht direkt neuen.« Nathan wandte sich zum Gehen ab. »Ganz simple Regeln, damit auch
Leute mit Rang sie begreifen.«
»Da komm ich doch mit und lasse mir kurz die Maschine erklären, ehe ich mir noch mehr Zorn
auflade, wenn ich das gute Stück ruiniere.«
Syrell konnte nicht abschätzen, ob Kuijers Lächeln iro-nisch gemeint war oder nicht. Vielleicht
hatte Nathan es sich mit ihrem neuen Vorgesetzten bereits in den ersten Minuten verscherzt.
»Sollen wir Ihnen …« Kuijers hatte sich bei seiner Frage kurz Ryan zugewandt.
»Danke, ich hab noch.« Ryan deutete auf seine Tasse, wobei nicht zu übersehen war, dass dem
Bravo-Captain Nathans Verhalten unangenehm war.
»Ich auch, danke.« Syrell hob seinen Kaffee, ehe der neue Captain ihn ansprach.
Kuijers folgte Nathan durch die Tür und Syrell hörte, wie Ryan kurz darauf die angehaltene Luft
ausstieß, was ihn zu ihm sehen ließ.
»Das fängt semigut an«, resümierte Ryan und setzte sich.
Syrell atmete tief durch und setzte sich ebenfalls wieder. »Ich bin schon froh, dass er ihn nicht
umgebracht hat.« Syrell hatte nicht erwartet, dass Nathan problemlos mit dem Auftauchen des neuen
Captains umgehen würde. Schließlich übernahm dieser Mann den Platz seines Bruders und sorgte
somit dafür, dass Nathans Anwesenheit im Team unter Umständen wieder in Frage gestellt werden
würde. Jahrelang hatte Nathan mit Paul Redman, John Thomsen und Sean Captains gehabt, die ihm
den Rücken freigehalten hatten und für ihn eingetreten waren. Ähnliches galt für alle Teammitglieder,
die aus dem ehemaligen Rescue-Team zu ihnen gekommen waren. Sie alle hatten so viele Einträge in
ihren Akten, dass es einem Wunder glich, dass sie noch dienen durften. Aber auch bei ihnen waren
diese Wunder ihre alten Vorgesetzten, die immer wieder die Hände für sie ins Feuer gelegt und sie
ständig aus Schwierigkeiten herausgeholt hatten, in die sie sich manövriert hatten. Jemand wie
Kuijers, der von dem internen Teamzusammenhalt keine Ahnung hatte, könnte dafür sorgen, dass
das Team auseinandergesprengt wurde. Deswegen hatte Syrell sich zum Ziel gesetzt, den Mann, der
nun in die Benutzung einer Kaffeemaschine eingewiesen wurde, zu unterstützen und zu verhindern,
dass die Spannungen für große Probleme sorgen.
»Sag mal.« Ryan lehnte sich, als er ihn ansprach, zurück. Syrell richtete seinen Blick mit fragend
gehobenen Augenbrauen zu seinem Kameraden. »Hab ich mich eigentlich schon bei dir bedankt?«
»Hä, warum?« Syrell hatte in diesen Sekunden keine Ahnung, warum Ryan sich bei ihm bedanken
wollte.
»Dass du deine Frau nach der Sache mit Ghost geschickt hast.« Für einen kurzen Augenblick
konnte Syrell in Ryans Stimme eine drückende Schwere hören.
»Hast du nicht, musst du aber auch nicht. Das ist selbstverständlich.« Syrell lächelte, während
Ryan die Arme vor der Brust verschränkte, als wolle er Protest einlegen. »Du bist lange genug dabei,
um zu wissen, dass wir keinen hängen lassen. Außerdem war ich mir sicher, dass du ihr nichts antust.«
Nun beugte Ryan sich vor, nachdem er einen Blick auf die angelehnte Tür geworfen hatte.
»Denkst du, er …« Er sprach nicht weiter, sondern deutete mit dem Kopf zur Tür. Syrell zuckte mit
den Schultern. Nein, er wusste nicht genau, wie weit Nathan gehen würde, sollte er sich verlieren oder
vergessen, wer und wo er war.
Die letzten Wochen waren turbulent und nervenaufreibend gewesen. Die schwere Verletzung von
Sean, die zum Glück nicht ganz so schlimmen Verletzungen von Bear und Dennis, die beide langsam
das Training wieder aufnahmen, in Verbindung mit der Tatsache, dass kurz zuvor ein Teil des alten
Teams von Ryan in einem Gefecht umgekommen war, hatte für große Spannungen gesorgt. Zu all
dem war der bisher ungeklärte Mord an einem Commander gekommen, und der Selbstmord von
Carlos Fuller, den Ryan gerade bei seinem Funkrufnamen Ghost genannt hatte. In diesen Wochen
war ihnen mehr als deutlich vor Augen geführt worden, dass sie viel zu oft nur der Spielball von
Politikern waren. Und als Spielball konnten sie sich nicht gegen die Richtungen wehren, in die man
sie trat, selbst wenn sie es noch so sehr wollten. Sie steckten zu tief in einem System, welches sie in
Chaos oder den Tod stürzen könnte, wenn sie nicht taten, was man von ihnen verlangte. Aber als
Team hatten sie sich geschworen, dass sie die Missstände aufdecken würden, die es gab. Nur hatten
sie bisher keine Ahnung, wie sie das machen wollten. Und dass es mit einem neuen Vorgesetzten
einfacher werden würde, bezweifelte Syrell.
Nach fünf Minuten tauchte Nathan wieder auf, ihm folgte Kuijers. Beide hatten eine Tasse Kaffee
in der Hand und Kuijers ließ sich auf dem Stuhl vor Syrells Schreibtisch nieder. Syrell schaute
verwundert, denn eigentlich müsste Kuijers den Stuhl hinter dem Schreibtisch beanspruchen und
nicht den Besucherstuhl. Kurz nach Kuijers und Nathan tauchte Bear auf, der anklopfte und ohne
Aufforderung direkt eintrat. Er salutierte und nahm Haltung an, als der neue Captain sich wieder
erhob.
»Entschuldigen Sie, ich war im Keller und wollte nicht wie ein Puma stinkend hier auftauchen«,
erklärte Bear salopp.
»Ok, dann sollten wir nun starten.« Kuijers deutete auf den Stuhl, auf dem er gerade noch gesessen
hatte.
2.
Elijah musterte die Männer kurz. Ryan DeSanto saß locker zurückgelehnt, in sandfarbener
Uniform gekleidet, auf einem großen schwarzen Schreibtischstuhl und schien abzuschätzen, ob er
überhaupt hier sein musste. Syrell Navajo, der wie Elijah die dunkelblaue Uniform der Navy trug,
wirkte angespannt und unsicher, ob er auf dem Stuhl sitzen bleiben sollte, auf dem er saß. Igor
Tarrasow, der eine frische Montur angezogen hatte, hatte sich auf dem Stuhl niedergelassen, auf dem
Elijah zuvor gesessen hatte. Ihm war das Humpeln des großen, kräftigen Mannes nicht entgangen,
der nun sein Bein ausstreckte. Nathan Harrison, der wie Ryan DeSanto sandfarben gekleidet war,
stand an der nun geschlossenen Bürotür, nahm einen Schluck Kaffee und warf ihm einen
misstrauischen Blick über den Rand der tiefblauen Tasse zu.
Elijahs Versuch, in der Küche zumindest wenige Worte mit Harrison zu wechseln, war gescheitert.
Harrison hatte ihm gezeigt, wo der Kaffee stand, und wo sich Filter und Geschirr befanden, hatte
ihm flüchtig die Maschine erklärt und schließlich den Kühlschrank geöffnet. Einige der Lebensmittel
waren mit Namen gekennzeichnet, andere nicht, was, wie Elijah erfahren hatte, nicht hieß, dass er
sich bedienen konnte. Diese Nahrungsmittel wurden von einem Laden geliefert und waren für die
Verpflegung der Männer gedacht, die Tag und Nacht hier vor Ort waren. Wer nicht hier wohnte, aber
mitessen wollte, musste in eine separate Kasse in Form einer alten rostigen Keksdose einzahlen. Jeder
musste mal kochen, ein entsprechender Plan hing aus. Es war alles geordnet und durchstruk-turiert,
wie er es erwartet hatte. Kurz überlegte er, wie er beginnen wollte, und entschied sich, es so locker
wie möglich zu machen.
»Ich gehe davon aus, dass Sie einen Trainingsplan haben, dem ich mich anschließen kann?« Er
musterte Navajo knapp, der nickte, einen Zettel hervorzog und ihm weiterreichte. Für den heutigen
Tag war, nach einer Einheit auf dem Trainingsgelände, am Nachmittag eine Trainingseinheit auf dem
Schießplatz eingetragen und am Abend drei Stunden, in denen über neuste Sprengvorrichtungen
gesprochen werden sollte.
»Ich denke, für die erste Einheit bin ich zu spät, kann ich mich auf dem Schießplatz und heute
Abend hier anschließen?«
»Natürlich.« Navajo nickte. Elijah entging nicht, wie Nathan Harrison mit den Augen rollte. Ihm
war bewusst gewesen, dass es schwer werden würde, den Platz des Captains in einem
funktionierenden Team zu bekleiden. Es fühlte sich an, als würde viel mehr Arbeit auf ihn
zukommen als er gedacht hatten. Vor allem müsste er sich die Sympathien der Teammitglieder
erarbeiten.
Er ließ sich von Navajo und DeSanto die groben Pläne für die kommenden Tage erläutern. Sie
erklärten ihm außerdem die Abläufe und Gewohnheiten hier im Gebäude. Er lernte die Agenten
Rafael Bishop, Liv Andrews und Joyce Dearing kennen, die unter anderem für die Beschaffung von
Informationen und den Abgleich selbiger zuständig waren. Sie wurden während der Gespräche von
Trisha Lancaster unterbrochen, die mit hochrotem Kopf und ohne anzuklopfen in den Raum stürmte
und DeSanto anpflaumte, er möge endlich ans Telefon gehen, ehe sie überhaupt begriff, dass er im
Büro war. Elijah hatte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen können, als er gesehen hatte, wie die
dunkelblonde Frau rot anlief und ihre Bitte, nachdem sie ihm salutiert hatte, freundlicher wiederholte.
Daraufhin hatte DeSanto sich verabschiedet und war mit Lancaster gegangen. Elijah ging davon aus,
dass er ihn in einigen Stunden beim gemeinsamen Training wiedersehen würde. Navajo, Tarrasow
und Harrison begleiteten ihn schließlich in den Keller, der ihn kurz anerkennend die Brauen heben
ließ. Der große Kraftraum bot alles, was man benötigte, und die Käfige, in denen die Teammitglieder
ihre Ausrüstungen aufbewahrten, waren geordnet und, wie er mit einem ersten Blick sehen konnte,
sehr gut ausgestattet.
»Captain Kuijers, wir würden Ihnen, solange Captain Harrison nicht final entschieden hat, wie es
für ihn weitergeht, diesen Käfig zur Verfügung stellen.« Navajo war an einen offenstehenden, leeren
Käfig getreten und friemelte ein Schild ab, auf dem er noch den Vornamen Aidan erkennen konnte.
Er nahm sich vor, zu recherchieren, wer dieses Teammitglied gewesen war und wo er sich nun
befand.
»Kein Problem.« Er nickte. »Ich bringe das, was ich dabei habe, dann gleich runter.« Er warf einen
schnellen Blick auf seine Uhr. Sie hatten eine gute Stunde, bis das Team zum Schießplatz aufbrechen
wollte.
Schließlich folgte er Navajo und Tarrasow noch in einen Raum, der ungefähr die Fläche der
Küche hatte, nur war er weit wohnlicher eingerichtet. Es gab eine Sitzecke mit einer Couchgarnitur,
an der Wand hing ein großer Fernseher, in einer anderen Ecke stand eine, wie er vermutete,
ausgemusterte Eckbank mit Tisch. Eine Dartscheibe, ein Billardtisch und Konsolen bestätigten seine
Vermutung, dass Abende hier lang und lustig werden konnten. Was sofort seinen Blick auf sich zog,
war ein Tresen, hinter dem sich neben einem doppeltürigen Kühlschrank zwei lange Regalbretter mit
harten Spirituo-sen befanden. Zudem standen gleich zwei Dutzend große gläserne Bierkrüge, wie er
sie von den Deutschen kannte, auf ihnen. Er entdeckte die Namen von Syrell, Bear, Sean und Nathan
ebenso wie alle, die er in seinem Team hatte und einige, die er noch nicht gehört hatte. Die Namen
waren in die Gläser graviert und führten ihm vor Augen, dass dieses Team wohl weit mehr verband
als nur der Name und die Arbeit. Schweigend lauschte er Navajos Erklärungen, in denen es
hauptsächlich darum ging, wie sich der Inhalt des Kühlschranks finanzierte. Dann deutete Elijah auf
die Gläser.
»Was hat es damit auf sich?«
Navajo folgte seinem Fingerzeig mit den Augen, schwieg einen Moment, sah dann zu Tarrasow
und atmete durch.
»Jeder hier ihm Team hat eines. Wir entfernen die von gefallenen Kameraden ebenso wenig, wie
die von Leuten, die aus anderen Gründen das Team verlassen haben. Zu bestimmten Anlässen
nutzen wir die Gläser. Nach Beisetzungen zum Beispiel, dann stehen auch die Gläser der Gefallenen
gefüllt hier auf den Tresen.«
Elijah nickte langsam. Er kannte viele Teams, die ähnliche Rituale entwickelt hatten, da vor allem
die Gefallenen nie ganz aus den Erinnerungen verschwanden.
»Ich denke, wir sollten uns dann bald auf den Weg machen.« Tarrasow durchbrach die
entstandene Stille.
»Ja, ich hole meinen Kram.« Elijah verließ nachdenklich den Gemeinschaftsraum. Es war ein
seltsames Gefühl, welches sich vor allem in dem Raum gerade auf ihn gelegt hatte. Eines, das er noch
nicht beschreiben konnte. Er ging die Treppe empor, warf oben angekommen einen Blick auf den
alten Fahrstuhl, auf dem ein Schild »Außer Betrieb« vergilbte und lauschte. Das Klackern von Krallen
ließ ihn verwundert innehalten, nachdem er einige Schritte gemacht hatte. Eine Bürotür öffnete sich
und ein Hund stürmte aus dem Raum, direkt in seine Richtung. Bellend und aggressiv knurrend blieb
er schließlich vor ihm stehen und stellte ihn. Von einem K9 wusste er nichts und atmete angespannt
durch.
»Dusty, du Flohsack, raus geht es in die …« Trisha Lancaster kam aus dem Büro, aus dem gerade
der Hund gestürmt war und blieb wie angewurzelt stehen, als sie ihn und den Hund sah, dem die
Rückenhaare zu Berge standen. »Oh …« Sie biss sichtbar die Zähne zusammen und zwang sich zu
einem Lächeln. »Captain Kuijers.« Sie kam näher und salutierte kurz. »Dusty, aus!«, ranzte sie nun das
Tier an, das aus seiner Starre fiel, nach hinten sah und schwanzwedelnd zu ihr rannte. »Es tut mir leid,
ich wusste nicht, dass Sie … ähm, dass Sie noch hier sind. Sonst hätte ich ihn an die Leine
genommen.« Sie griff in das Halsband des Hundes.
»Alles gut?«
Hinter ihm tauchte Navajo auf, der die Frage an Trisha richtete.
»Jap, ich wollte Dusty nur rauslassen, der muss mal.« Lancaster lächelte gequält und bugsierte den
Hund nun Richtung Ausgang, weswegen Elijah sich zu Navajo umwandte.
»Ich habe nichts von einem Diensthund gelesen«, erklärte er immer noch etwas verwundert, aber
den Schreck bereits vergessend.
»Dusty ist kein Diensthund«, erläuterte Navajo und richtete seinen Blick wieder auf ihn. »Er
gehört Petty Officer Stone. Während er im Dienst ist, ist der Hund meist hier, da er nicht alleine
bleiben kann. Dann zerlegt er gerne die Wohnung. Hier ist er eigentlich sehr verträglich.«
»Eigentlich.« Elijah nickte durchatmend. Also würde er nicht nur ein Team aus Menschen
bestechen müssen.
»Ja, er ist eigentlich wirklich lieb«, wiederholte Navajo hinter ihm stehend. »Captain Harrison und
DeSanto haben erlaubt, dass er hier sein kann. Lancaster und die anderen kümmern sich
abwechselnd.«
»Ich merke es. Vielleicht dachte er, ich will Lancaster auffressen.« Elijah war sich noch nicht
schlüssig, was er von dem Hund, der knapp so groß war wie ein Schäferhund, den er jedoch keiner
Rasse zuordnen konnte, halten sollte.
»Kommt aus Kabul, ist ´ne längere Geschichte. Kann Stone Ihnen ja mal erzählen«, erklärte
Navajo ihm nun.
»Ja, bei Gelegenheit. Ich schau mal, ob ich zu meinem Auto darf, oder ob er mich dann wieder
fressen will.« Elijahs Stimmung sank. Ein giftiger Hund aus Kabul, der sich im Gebäude aufhielt.
Harrison, der ihn angesehen hatte, als würde er künftig dafür sorgen, dass es keinen frischen Kaffee
mehr gab. Auch Tarrasow wirkte sehr reserviert. Er machte sich auf den Weg zur Tür, trat aus dem
Gebäude und wurde umgehend von Dusty entdeckt, der ohne Leine an einem Busch schnüffelte.
Laut kläffend rannte der Hund ein weiteres Mal auf ihn zu.
»Aus!«, fuhr Elijah den nun stehenbleibenden Hund an, der ihn abschätzend musterte. »Sitz«, fügte
er nun hinzu und Dusty tat tatsächlich, was er ihm befohlen hatte. Selbst Lancaster, die ihn mit einem
Blick angesehen hatte, der zwischen Verzweiflung und Entschuldigung hin- und hergewandert war,
wirkte verblüfft. Elijah ging auf den Hund zu, der immer noch in einiger Entfernung auf einer kleinen
Grünfläche saß. Da er nicht knurrte, streckte er schließlich den Arm aus.
»Ich glaube, wir hatten einen schlechten Start, Dusty.« Elijah wartete einen Moment, bis Dusty an
seiner Hand ge-schnüffelt hatte. Dann begann der Hund schwanzwedelnd und übertrieben aufgeregt
wirkend, um ihn herum zu rennen, was bei Lancaster zu einem Lachen führte.
»So kennen wir ihn. Er würde einen Einbrecher wahrscheinlich eher zu Tode kuscheln, anstatt ihn
zu verbellen.«
»Na ja, vielleicht täuschen Sie sich auch in ihm und er ist als Wachhund doch tauglich. Auf mich
hat er zumindest den Eindruck gemacht.« Er ließ von Dusty ab, der jedoch nicht von ihm. Während
er zu seinem Camaro ging, umkreiste der Hund ihn in großen Runden wie ein Mond seinen Planeten.
»Dusty, komm, ich muss weitermachen.« Lancaster stand bereits an der Tür der Base und rief nach
dem Hund, der nun neugierig schnüffelnd Elijahs Wagen inspizierte.
»Ich bring ihn gleich mit rein, er muss wohl erstmal die News lesen«, rief er Lancaster zu, als
Dusty länger als zwei Sekunden am Vorderreifen stehenblieb und diesen genauer untersuchte. Elijah
zog seine Rucksäcke aus dem Kofferraum. Einen schulterte er, den anderen stellte er auf dem Boden
ab und griff nach seinen Waffenkoffern. Wenige Minuten später machte er sich mit vollen Händen
auf den Weg zurück zum Eingang. Dusty hatte seine Umlaufbahn wieder aufgenommen und
umkreiste ihn auf dem gesamten Weg, als könne er unterwegs verloren gehen. Elijah zog die Tür auf.
»Komm!« Er deutete mit dem Kopf auf die nun offenstehende Tür. Dusty rannte an ihm vorbei,
bremste nach einigen Metern ab und schlitterte, mit Blick auf ihn, über die Fliesen. Elijah
schmunzelte, als er dem Hund folgte. Mit dem Fuß klopfte er kurz darauf an die Tür, aus der
Lancaster gekommen war.
»Dusty! Hier!« Elijah befahl den wirbelnden Hund zu sich, als er die Tür öffnete, ohne dass sich
innen jemand zu Wort gemeldet hatte. Lancaster saß mit Kopfhörern an einem Arbeitsplatz und
wirkte vollkommen auf das konzentriert, was sie tat. Dusty stürmte in den Raum und rannte mit mehr
Geschwindigkeit als nötig auf Trisha zu, die erschrocken aufkreischte.
»Himmel! Hund!« Mit großen Augen sah sie schließlich zu Elijah und lief rot an, ehe sie den
Kopfhörer absetzte und sich innerhalb weniger Sekunden erhob. »Entschuldigen Sie, Captain.« Sie
nahm Haltung an.
»Schon ok, wobei ich mir mit dem Himmelhund nicht sicher bin, vielleicht ist er doch eher ein
Höllenhund. Weitermachen.« Zwinkernd wandte er sich zum Gehen ab und war froh, zumindest in
Lancaster jemanden gefunden zu haben, der ihm ein Lächeln schenkte.